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Mehr Energie- und Ressourceneffizienz schaffen

Industriegebiete sind ein zusammengewürfelter Haufen von Unternehmen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben – bisher.
Veronika Wolf, Zero Emission GmbH, Wuppertal

Symbiosen: Ressourcen gemeinsam nutzen

Wenn Raum, Energie und andere Ressourcen knapp und teuer sind, eröffnen überbetrieblicher Austausch und Kooperationen neue Potenziale. Solche Ansätze bezeichnet man als Symbiosen. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Biologie und beschreibt das Zusammenleben von Lebewesen verschiedener Art zu gegenseitigem Nutzen. Veronika Wolf von der Zero Emission GmbH in Wuppertal hat seit 2011 rund 60 Projekte betreut, bei denen es um in der Regel nachhaltige Gewerbegebiete ging und sich dabei auch mit Symbiosen befasst. Die Symbiosen könnten sehr unterschiedlich aussehen und umfassten nicht nur den Austausch von Materialien, Energie, Wasser und Nebenprodukten, sondern auch gemeinsam in Anspruch genommene Dienstleistungen, gemeinsam genutzte Infrastruktur, Wissenstransfer und menschliche Ressourcen. Wichtig sei dabei, dass alle beteiligten Parteien von einer solchen Symbiose profitieren. Es könne dabei durchaus eine Herausforderung sein, Vertrauen zu schaffen, um alle in ein Boot zu bekommen. Wolf verwies auf ein Gewerbegebiet in Bottrop, in dem ein Unternehmen mit gemeinsamen Klopapierbestellungen begann, um zu sehen, ob die potenziellen Partner auch verlässlich sind. „Das hat funktioniert und war die Initialzündung für ein sehr gut funktionierendes Netzwerk“, sagt Wolf. Nachdem sich die Beteiligten als zuverlässig erwiesen hatten, tauschten die Unternehmen auch Flächen, teilten sich Parkplätze oder bauten eine flexible Kinderbetreuung in dem Gewerbegebiet auf.

Energiemanagement - auf dem Weg zur CO2-Neutralität

Das Thema Energie spielt gerade in Gewerbegebieten eine zentrale Rolle. Die Versorgung auf fossiler Basis wird dabei zunehmend durch nachhaltige Konzepte abgelöst, die dann teilweise auch gemeinschaftlich betrieben werden. Gerade größere Betriebe mit einem hohen Energieverbrauch haben oft große Einsparpotenziale, müssen dabei aber auch den Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie bewältigen. Wie der Weg zu CO2-neutralem Energiemanagement aussehen kann, sieht man am Industriepark Weinheim. Peter Ostermayr von Freudenberg Service KG ist dort Leiter der Energiewirtschaft. Das vielfältige Produktportfolio der rund 50 Gesellschaften auf dem Campus stellt besondere Herausforderungen an die Energieversorgung. Mit einer Reihe von Energieeffizienzprojekten ließen sich zehn Prozent Energie einsparen. Bei der Elektrizität stieg man auf grünen Strom um, auch insgesamt stellte man den Energiemix weitgehend auf Strom um. Auf ineffizienten Dampf als Energieträger verzichtet man zunehmend, der Verbrauch von Gas wird zurückgefahren, sogar die derzeit noch effiziente Gasturbine soll 2028 verschwinden. An ihre Stelle tritt eine Brennstoffstelle. Ein großes Fotovoltaikfeld ist in Planung. Eine zunächst geplante Hackschnitzelanlage brauche man schon jetzt nicht mehr. Die Bemühungen zeigen Erfolg. Seit 2019 hat Freudenberg seinen CO2-Ausstoß im Industriepark halbiert. Auch nach dem deutlichen Rückgang im Zuge der Corona-Pandemie sank der Ausstoß weiter. Bis 2030 strebt man einen neutralen CO2-Fußbabdruck an.  „Wir sind optimistisch, dass wir dahin kommen“, sagt Ostermayr.

Nachhaltigkeitskriterien bereits in der Planungsphase berücksichtigen

Ein Gewerbegebiet kann unter verschiedenen Aspekten nachhaltig sein. „Wichtig ist dabei, dass die Nachhaltigkeitskriterien schon in der Planungsphase berücksichtigt werden, sagt Matthias Schäpers von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Denn der Bau- und Gebäudesektor habe mit einem Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen gravierende Auswirkungen und stelle zugleich einen massiven Hebel zu ihrer Reduzierung dar. „Wir brauchen eine Transformation der gesamten Planungspraxis hin zu Nachhaltigkeit als neuem Normal“, fordert er. Die DGNB bietet ein System an, mit dem sich nicht nur Gewerbegebiete auf ihre Nachhaltigkeit zertifizieren lassen können und somit auch für innovative Unternehmen und junge Arbeitnehmer interessanter werden. Bislang wurde die Zertifizierung schon bei mehr als 10.000 Projekten angewendet. Merkmale nachhaltiger Gewerbe- und Industriestandorte sind laut Schäpers, wenn diese einen Beitrag zum Klimaschutz durch Reduzierung der Klimagase über den gesamten Lebenszyklus leisten, Energie- und Stoffkreisläufen (Circular Economy) auf Standortebene etablieren, sich an den Klimawandel anpassen und die Biodiversität leisteten, Beschäftigten und Besuchern eine hohe Aufenthaltsqualität verschaffen und ein nachhaltiges Mobilitätsangebot bereitstellten. Wichtig sei bei der Entwicklung auf, dass man von positiven Beispielen lerne. „Wir haben auch gar keine Zeit mehr, immer wieder von vorne anzufangen“, sagt er.

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Autor: Stephan Köhnlein