Raumordnung, Landes- und Bauleitplanung

DIHK-Beschleunigungsmonitor: Bund-Länder-Pakt noch ohne Geschwindigkeit

Schlechte Noten für Dauer und Komplexität von Planungs- und Genehmigungsverfahren

Bei der IHK-Industrieumfrage 2023 wurde die Dauer und Komplexität von Planungs- und Genehmigungsverfahren von nahezu drei Viertel der befragten Unternehmen aus Rheinland-Pfalz mit mangelhaft oder ungenügend bewertet. Von der ersten Offenlage bis zum Planfeststellungsbeschluss für den rund 10 km langen Bauabschnitt der A1 zwischen Kelberg und Adenau hat es über 20 Jahre gedauert; aufgrund von Klagen ist ein Baubeginn weiterhin nicht in Sicht. Beide Beispiele sind mehr als deutliche Bestätigungen für die seit Jahren anhaltende Kritik der Wirtschaft und die bislang vergeblichen Bemühungen der Politik zur Beschleunigung relevanter Verfahren. Bei Energie-, Breitband- und Verkehrsinfrastruktur oder Industrieanlagen können sich die Verfahren heute über Jahre, nicht selten sogar über Jahrzehnte erstrecken. Gelingt es nicht, den zahlreichen hierzu in den vergangenen Jahren gestarteten Initiativen der Politik endlich Leben einzuhauchen und das Tempo der Genehmigungsverfahren tatsächlich auch auf Projektebene deutlich zu beschleunigen, droht der ambitionierte Zeitplan der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft und der hierzu erforderliche Infrastrukturausbau krachend zu scheitern. Nur ein umfassender Beschleunigungspakt kann dies aus Sicht von DIHK und IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz noch verhindern.

„Deutschland-Tempo“ für Planungs- und Genehmigungsverfahren

Am 6. November 2023 wollte Bundeskanzler Olaf Scholz genau diesem Ziel einen entscheidenden Schritt näherkommen. Gemeinsam mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder hat er an diesem Tag nach zweijährigen Verhandlungen einen Pakt zur Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung geschlossen: Über Hundert Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren in einem neuen "Deutschland-Tempo" vorankommen. Mehr als die Hälfte der Beschlüsse beinhalten konkrete Gesetzesänderungen. Es geht darum, Verfahren zu erleichtern, Fristen zu verkürzen und Bürokratie abzubauen. Zugleich vereinbarten Bund und Länder, im ersten Quartal 2024 erste Ergebnisse vorzuweisen.

Schleppende Verfahren erschüttern das Vertrauen

Die Vorhaben sind dringend notwendig: Wachstum und Innovation werden in Deutschland durch oftmals als endlos empfundene Planungs- und Genehmigungsverfahren ausgebremst. Das gilt für die schnelle Transformation zu einer klimaneutralen Industrie ebenso wie für den flächendeckenden Breitbandausbau, für die Entwicklung attraktiver Städte und Gemeinden sowie für die Sanierung und den Ausbau von Straßen, Schienen und Wasserwegen. Die schleppenden Verfahren erschüttern bei Unternehmen zunehmend das Vertrauen in einen funktionierenden Staat. Und sie schwächen die Betriebe, die doch gerade jetzt Rückenwind für Investitionen brauchen – durch einen schnellen Staat mit beweglichen Behörden.

Erst 11 von 53 Maßnahmen überhaupt begonnen

Um die Umsetzung des vereinbarten Pakets nachzuvollziehen, untersucht die IHK-Organisation in einem "Beschleunigungsmonitor", wie die wichtigsten gesetzlichen Maßnahmen vorankommen. März 2024 zeigt der Monitor, dass erst mit 11 der insgesamt 53 zentralen Gesetzesänderungen begonnen wurde. So haben etwa die meisten Länder in Sachen Bauordnung bisher keine Entwürfe vorgelegt.
Ähnlich verhält es sich auf Bundesebene. Die Gesetzgebung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und Telekommunikationsgesetz stockt aufgrund von Uneinigkeiten in der Koalition. Die wenigen vorliegenden Entwürfe gehen zudem längst nicht so weit, wie im Pakt vereinbart.
Beispielsweise enthält der Entwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV zwar eine Ermächtigung für die angestrebten einheitlichen Artenschutzstandards, begrenzt diese allerdings auf die Schieneninfrastruktur. Und die ersten Entwürfe zur Änderung der Landesbauordnungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein beschränken die vereinbarte Genehmigungsfiktion auf den Wohnungsbau.

Es droht beim Klein-Klein zu bleiben

Es sieht daher nicht danach aus, als könnten Bund oder Länder bis zum Ende des ersten Quartals nennenswerte Ergebnisse präsentieren. Die wenigen vorliegenden Gesetzesentwürfe bleiben beim bisherigen Klein-klein-Kurs. Wenn der Kanzler und die Länderchefinnen und -chefs ihren Ministerien nicht klare Zeitpläne vorgeben und die weitestgehende Umsetzung der Beschlüsse anfordern, droht der 6. November 2023 auch wieder nur ein Tag gewesen zu sein, an dem ein Politiker erklärte, es solle alles schneller werden. Um dies zu verhindern, gilt es auch in Rheinland-Pfalz mit Entschlossenheit die vereinbarten Maßnahmen anzugehen und wo immer sinnvoll und möglich die Komplexität und die Dauer von Planungs- und Genehmigungsmaßnahmen zu reduzieren.