Gesplittete Grundsteuer B in Rheinland-Pfalz

Fast jede dritte größere Kommune hat neue Grundgewerbesteuer für Unternehmen beschlossen, weitere planen Einführung

Worum es geht

Im Februar 2025 hat das Land Rheinland-Pfalz beschlossen, dass Kommunen künftig in der Grundsteuer B zwischen Wohnimmobilien und Nichtwohnimmobilien differenzierte Hebesätze einführen dürfen. Die Kommunen entscheiden im Rahmen ihrer Satzungshoheit selbst, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Bis zum 30.06. hatten die Kommunen Zeit, die Hebesätze rückwirkend zum 01.01.2025 festzulegen.
Nach einer aktuellen Auswertung der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz haben 12 von 41 Kommunen mit mindestens 10.000 Einwohnern bereits gesplittete Grundsteuerhebesätze beschlossen, darunter Mainz, Ludwigshafen, Kaiserslautern und Neuwied. Das ist fast jede Dritte größere Kommune. In Bingen wurde die Differenzierung der Grundsteuer erst kurz vor Fristende mit rückwirkender Gültigkeit beschlossen. Die festgelegten Hebesätze für gewerblich genutzte Grundstücke sind dabei oft doppelt so hoch wie die Hebesätze für Wohngrundstücke (Hebesatzspreizung). Den aktuell höchsten Hebesatz für Gewerbegrundstücke hat nach der IHK-Auswertung die Stadt Betzdorf mit 1.560 Prozent, für Wohngrundstücke beträgt er 840 Prozent. Damit liegt der Hebesatz für Gewerbegrundstücke weit oberhalb des für Betzdorf aufkommensneutralen Hebesatzes von 985 Prozent. In Neuwied und Bingen beträgt der Hebesatz für Gewerbeimmobilien mit 1.400 bzw. 1.200 Prozent sogar mehr als das Doppelte gegenüber dem Hebesatz von 610 bzw. 465 Prozent für Wohnimmobilien. Mindestens zwei weitere Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern haben konkrete Planungen zur Einführung von gesplitteten Hebesätzen.
Die Differenzierung der Hebesätze oder die Diskussion darüber findet häufig dort statt, wo der rechnerisch vom Finanzministerium ermittelte aufkommensneutrale Hebesatz stark gestiegen ist und / oder eine Ablehnung des Haushaltes durch die Aufsichtsbehörden droht oder eingetreten ist. Eine weitere Begründung ist die Wertverschiebung der Immobilien im Laufe der Jahre, wodurch der Anteil an Nichtwohngebäuden am Steueraufkommen deutlich geringer ausfällt als vor der Grundsteuerreform.
Einmal eingeführt, kann eine gesplittete Grundsteuer B über die Anpassung der Hebesätze auf Nicht-Wohngebäude leicht eine weitere Steuererhöhungsspirale in Gang setzen. Dies wirkt sich nachhaltig negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Kommunen im Standortwettbewerb aus. Betriebe werden in der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage in ihrer Substanz weiter geschwächt.

Was die Politik tun kann

Die erste Auswertung zeigt, dass die politisch vom Bund und vom Land Rheinland-Pfalz in Aussicht gestellte aufkommensneutrale Wirkung der Grundsteuerreform nicht haltbar ist – auch nicht mit gesplitteten Hebesätzen bei der Grundsteuer B. Die Kommunen haben auch aufgrund ihrer schwierigen Haushaltslage ihre Hebesätze 2023 und 2024 großflächig und zum Teil massiv erhöht – auch über den gestiegenen Nivellierungshebesatz hinaus. Dabei sollten auch Unternehmen nach Umsetzung der Grundsteuerreform nicht mehr belastet werden als vorher.
Mit gesplitteten Hebesätzen wird eine zentrale Motivation der Grundsteuerreform – Steuergerechtigkeit durch die Aktualisierung veralteter Bewertungsansätze von Grundstücken wieder herzustellen – umgangen. Es erschließt sich nicht, warum Gewerbegrundstücke, deren Wert in den letzten Jahren im Verhältnis zu Wohngrundstücken weniger stark gestiegen ist, jetzt höher besteuert werden sollen, um eine vermeintliche Ungerechtigkeit – die Verschiebung eines Teils der Steuerlast von Gewerbeobjekten hin zu Wohnobjekten – zu beseitigen.
Gesplittete Hebesätze führen für Unternehmen zudem zu weniger Planungssicherheit. Für Kommunen sind sie kein Beitrag zur Bürokratieentlastung und das Klagerisiko steigt. Es ist mit einer Flut von Widersprüchen gegen die Steuerbescheide – gerade bei gemischt genutzten Grundstücken und Immobilien – zu rechnen. Gesplittete Hebesätze sind auch kein geeignetes Instrument, die strukturbedingte Unterkapitalisierung der rheinland-pfälzischen Kommunen zu mindern.
Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft muss der einheitliche Grundsteuerhebesatz beibehalten werden. Noch eine Unternehmenssteuer braucht es angesichts der bereits hohen Gesamtsteuerlast nicht. Während auf Bundesebene Entlastungen für Unternehmen und die Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kommunen auf der Agenda stehen, steigen gleichzeitig auf kommunaler Ebene die Belastungen. Das zeigt die Notwendigkeit, die föderalen Finanzbeziehungen zu reformieren.
Der Landesgesetzgeber sollte die Möglichkeit zur Einführung gesplitteter Grundsteuerhebesätze wieder rückgängig machen. Wichtig ist auch, für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen und das Konnexitätsprinzip stärker zu beachten. Im Übrigen könnte der Landesgesetzgeber vom komplizierten Bundesmodell auf ein unbürokratisches Modell umschwenken.

Was die IHKs tun

Die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz setzt sich gemeinsam mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) für eine Modernisierung und nachhaltige Vereinfachung des Steuerrechts ein. Im Fokus stehen eine moderate Steuerlast, ein reduzierter Verfahrensaufwand, eine effiziente Verwendung der Steuermittel und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
Die DIHK veröffentlicht regelmäßig eine Übersicht zu den Realsteuerhebesätzen deutscher Kommunen mit über 20.000 Einwohnern. Die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz nimmt die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze in Rheinland-Pfalz in den Fokus. Diese Übersichten ermöglichen interkommunale Vergleiche und zeigen zeitliche Entwicklungen auf. Darüber hinaus analysieren die IHKs kommunale Haushalte, geben Auskünfte zu steuerlichen Grundsatzfragen, informieren über aktuelle Gesetzesänderungen und unternehmensrelevante Entscheidungen und organisieren Veranstaltungen zu steuerpolitischen Schwerpunkten. Für individuelle steuerliche Fragen des eigenen Betriebs bieten die IHKs in Kooperation mit externen Steuerberatern regelmäßig Steuerberatersprechtage an. Unternehmensvertreterinnen und -vertreter sowie die vier rheinland-pfälzischen IHKs bringen ihre Expertise im DIHK-Ausschuss Steuern und Finanzen ein und gestalten somit auch die steuerpolitische Agenda auf Bundesebene aktiv mit.