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Mit Wohnungen im Wettbewerb um Fachkräfte punkten

„Wenn wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und später auch halten wollen, stellt sich immer mehr die Frage: Wo sollen diese Menschen wohnen? Ohne Wohnung keine Fachkraft!“
Annett Jura, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)

Mitarbeitendenwohnen erfährt Renaissance

Die Menschen, die in Gewerbegebieten arbeiten, müssen auch irgendwo wohnen. Bei der Suche nach Fachkräften ist der angespannte Wohnungsmarkt aber zunehmend eine Herausforderung, wie aus einer Studie des Beratungsunternehmens PwC hervorgeht. Und wenn kein bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, wird es schwierig, gutes Personal zu gewinnen und zu halten. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, Wohnraum zu finden, haben so oft einen Vorteil im Wettbewerb ums Personal.
Werkswohnungen seien im 19. und 20. Jahrhundert ein absolutes Erfolgsmodell gewesen, um Wohnraum für die Beschäftigten zu schaffen, sagt Simon Wieland, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Forschungs- und Beratungsinstitut Regio Kontext aus Berlin. In den 1970er und 80er Jahren hätten sich dann jedoch viele Unternehmen von ihren Wohnungen getrennt.
Inzwischen erlebt das Mitarbeitendenwohnen laut Wieland jedoch eine Renaissance. Das habe allerdings wenig mit den klassischen Werkssiedlungen zu tun. Häufig gehe es um temporäre Lösungen für die Ausbildung oder den Einstieg in den neuen Job. Für Unternehmen gebe es eine Reihe von Möglichkeiten – vom Wohnungsbau in Eigenregie bis hin zu Kooperationen mit Partnern wie Immobilienunternehmen, anderen Firmen, Kommunen, IHKs oder Handwerkskammern. Sein Unternehmen habe vor rund drei Jahren in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn und der Technischen Universität (TU) Berlin das Netzwerk MitarbeitendenWohnen gegründet, um Austausch, Vernetzung und Interessensvertretung zu fördern.

Steuerrechtlicher Rahmen gut wie lange nicht

Das Netzwerk arbeitet auch mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zusammen, wie Annett Jura berichtet, die dort die Abteilung Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft leitet. „Wohnungspolitik ist Standortpolitik“, sagt sie. „Wenn wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und später auch halten wollen, stellt sich immer mehr die Frage: Wo sollen diese Menschen wohnen? Ohne Wohnung keine Fachkraft!“
Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die sich im Wohnungsbau engagieren wollen, seien aktuell so gut wie lange nicht. Die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) liege aktuell bei fünf Prozent. Diese könne auch beim Erwerb eines neu errichteten Gebäudes genutzt werden. Zudem gebe es gerade eine befristete lineare Sonderabschreibungsmöglichkeit im Mietwohnungsbau, die mit fünf Prozent über vier Jahre möglich sei. Hinzu kämen Kombinationsmöglichkeiten von linearer und degressiver AfA.
Der Bund stelle pro Jahr 3,5 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Die Länder leisteten einen zusätzlichen Beitrag. „Da ist also richtig viel Geld im Topf“, sagt Jura. Und diese Mittel könnten auch von Unternehmerinnen und Unternehmern für den Mitarbeiterwohnungsbau genutzt werden. Jedoch unterstützen nach Zahlen des Ministeriums 80 Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeitenden beim Wohnen noch nicht. Sie würde es begrüßen, „wenn sich weitere Unternehmen auf den Weg machen, um an die Tradition des Werkswohnungsbaus in Deutschland anzuknüpfen“.

Für jeden Bedarf das passende Wohnangebot

Ein Bau von Wohnungen muss dabei kein Projekt sein, das Jahre dauert, wie Volker Heise von der Heise Haus GmbH betont, die auf serielles Bauen spezialisiert ist. „Unser schnellstes Projekt hat bis zur Abnahme vor Ort sieben Monate gedauert“, sagt er. Der hochwertige Wohnraum werde in der Fabrik gefertigt und könne dann an einem Tag geliefert und bezugsfähig aufgestellt werden – idealerweise direkt in Unternehmensnähe.
Tanja Hahn ist bei der BASF Wohnen + Bau GmbH für den Bereich Kurzzeitwohnen verantwortlich. Das Portfolio umfasse möblierte Wohnungen, Business-WGs mit der Hauptzielgruppe Berufsanfänger, WGs für Auszubildende, ein Gästehaus für Praktikanten sowie Wohnraum für Angestellte von Fremdfirmen. Insgesamt habe man rund 6.000 Wohnungen, die man teils auch zur Dauermiete oder zum Kauf anbiete.
Bezahlbaren Wohnraum für junge Leute zwischen 16 und 26 zu schaffen, will das „Kolping Azubi- und Jugendwohnen“. Das Konzept umfasst mittlerweile 16 Häuser deutschlandweit, wie Bert Haushalter vom Dachverein Kolping Jugendwohnen berichtet. Besonders sei, dass man auch eine pädagogische Begleitung biete. Das reiche von Hilfe bei den Herausforderungen des Alltags bis zur Betreuung bei Liebeskummer. „Wir begleiten junge Erwachsene auf dem Weg in die Selbstständigkeit“, sagt er.
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