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Unternehmensstandorte im Klimawandel – Risiken erkennen, Chancen nutzen

„Es mangelt teilweise noch an anschaulichen Beispielen. Wenn die Menschen an einem Ort, der besonders von Hitze betroffen ist, erleben, dass Maßnahmen wie die Begrünung von Fassaden, die Entsiegelung von Flächen oder textile Sonnensegel etwas bringen, führt das zu mehr Offenheit für diese Thematik.“
Thomas Wieland, Metropolregion Rhein-Neckar GmbH

Extreme Hitze und Starkregen als Hauptrisiken

Besonders anfällig sind Gewerbegebiete für Phänomene des Klimawandels. Zum einen sind diese Orte bereits jetzt meist schon Hitze-Hotspots, was sich mit steigenden Temperaturen und längeren Hitzewellen noch verschärfen wird, wie Dr. Anna-Christine Sander vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) ausführt. Die Hitze betreffe dann nicht mehr nur anfällige Menschen, sondern die gesamte Arbeitsumgebung und die Aufenthaltsqualität aller.
Zum anderen haben Gewerbegebiete aufgrund der starken Versiegelung der Flächen ein hohes Überschwemmungspotenzial. Angesichts der zunehmenden Starkregenfälle stellt das ebenfalls eine Gefahr dar. Unternehmen und Kommunen müssten angesichts dieser Herausforderungen handeln. „Die Kosten eines Nichthandelns können sehr hoch sein“, warnt Sander.
Das HLNUG bietet zahlreiche konkrete Handlungshilfen, Best-Practice-Beispiele und Umsetzungsideen, mit denen diese Herausforderungen gemeistert werden können. Um Kommunen beispielsweise einen Überblick zu verschaffen, welche Themen wichtig für eine klimaangepasste Planung sind, gibt es eine interaktive Checkliste, mit der Planungen oder Wettbewerbe für neue Quartiere sowohl strukturiert als auch reflektiert werden können.

Daten zur Veranschaulichung

Digitale Infrastrukturen und Daten haben für den Umgang mit dem Klimawandel viel Potenzial, wie Thomas Wieland von der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH sagt. Aufgabe der GmbH sei es, die Region im Wettbewerb der Standorte zu positionieren und durch effektive Zusammenarbeit wirtschaftlich, sozial und ökologisch weiterzuentwickeln.
Deswegen sammelt seine GmbH Daten – zum Beispiel mit Satellitenüberflügen oder mit aufgestellten Sensoren. Aber man gewinne auch Unternehmen dafür, selbst Messungen durchzuführen. All diese Daten könnten beispielsweise auf urbanen Plattformen zur Verfügung gestellt werden. Ziel sei es, damit zu erkennen, welche Maßnahmen besonders wirksam und besonders wirtschaftlich sind.
„Es mangelt teilweise noch an anschaulichen Beispielen“, sagt Wieland. „Wenn die Menschen an einem Ort, der besonders von Hitze betroffen ist, erleben, dass Maßnahmen wie die Begrünung von Fassaden, die Entsiegelung von Flächen oder textile Sonnensegel etwas bringen, führt das zu mehr Offenheit für diese Thematik.“

Grün satt grau

Mit wirksamen und umsetzbaren Maßnahmen zum Klimaschutz befasst sich Hildegard Boisserée vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. Die Organisation engagiert sich unter anderem in den Bereichen Stadtnatur, Klimaschutz, Klimaanpassung. In diesem Zusammenhang hat sie verschiedene langjährige Projekte durchgeführt – zuletzt eines mit dem Titel „Gewerbegebiete im Wandel, Grün statt Grau.“
Dabei haben Boisserée und ihre Mitstreitenden verschiedene vielversprechende Handlungsfelder identifiziert: die Entsiegelung von Flächen, die Begrünung von Dächern und Fassaden, helle Farben und Materialien der Gebäude, Baumpflanzung oder auch Retentionsmulden für Niederschläge. Gehandelt wird auf den Ebenen Kommunen, Gebiete und Unternehmen. Das Engagement und Vorwegehen der Firmenleitung sei dabei sehr wichtig. Dann ließen sich auch die Mitarbeitenden gut einbinden, was ebenfalls eine große Rolle für den Erfolg spiele.
Zugleich appellierte Boisserée an den langen Atem der Unternehmen. „Es ist eine Sache, zu wissen, welche Maßnahme gut und sinnvoll ist, eine andere aber auch, sie zu initiieren und dauerhaft dranzubleiben, statt nur ein oder zwei Maßnahmen umzusetzen.“

Die erstbeste Lösung ist oft nicht die beste

Für eine systematische Herangehensweise an die Herausforderungen des Klimawandels plädiert Birgit Georgi, die das Beratungsunternehmen Strong in a changing climate führt. Klimaresilienz sei für Unternehmen eine große Chance. Zugleich warnt sie jedoch vor Aktionismus: „Die erstbeste Lösung ist oft nicht die beste und nachhaltigste.“
Georgi rät, zunächst die spezifischen Klimarisiken in den Unternehmensbereichen und in der Region zu analysieren. Dann müsse ein Unternehmen die Schwerpunkte anpassen und eine Kosten- und Nutzenanalyse mit der Frage durchführen, was am besten vor Ort wirke. Grundsätzlich sieht Georgi dann drei Strategien, sich zu wappnen: die Schadenvermeidung, das Notfallmanagement einschließlich Schadensbeseitigung sowie die Nutzung vorhandener Chancen.
Als Beispiel für die Chancen nennt sie die Dachbegrünung. Diese könne nicht nur die Klimagefahren Hitze und Starkregen etwas abfedern, sondern auch die Energiekosten für die Kühlung des Hauses und die Abwassergebühren senken, Biodiversität fördern und mit einem gesünderen Arbeitsklima für einen niedrigeren Krankenstand sorgen.
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