Pressemitteilung vom 4. Februar 2025

IHK-Konjunkturbericht Rheinland-Pfalz zum Jahresbeginn 2025

Wirtschaft rutscht tiefer in die Rezession

Zum Jahreswechsel bleibt die Stimmung der Unternehmen in Rheinland-Pfalz gedämpft, die Wirtschaft erwartet ein weiteres Rezessionsjahr. Der Konjunkturklimaindex, das zentrale Stimmungsbarometer für die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen der gewerblichen Wirtschaft, ist zum Jahresstart 2025 auf 81 Punkte gerutscht, das sind 8 Punkte weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich: Zum Jahresbeginn 2024 betrug der Index 89 Punkte, Anfang 2023 lag der Wert noch bei 97 Indexpunkten. Dabei ist ein Geschäftsklimaindex von unter 100 Punkten das Signal für eine mehrheitlich negative Gesamtstimmung.
„Der Konjunkturklimaindex in Rheinland-Pfalz gibt das zweite Mal in Folge nach. Wir befinden uns seit dem Beginn des russischen Angriffskrieg Anfang 2022 nicht mehr im expansiven Bereich von mehr als 100 Punkten. Die Wirtschaft steckt mitten in der Rezession und muss sich dabei einem vielfältigen Risikomix erwehren. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind weiterhin das größte Geschäftsrisiko, da die Politik nicht gegensteuert“, sagt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.

Stagnation bei der aktuellen Lage, Rückgang bei den Erwartungen

Die aktuelle wirtschaftliche Lage wird von 21 Prozent der Betriebe als gut und von 49 Prozent als befriedigend bewertet. 30 Prozent berichten von einer unbefriedigenden Lage. Damit bleibt die Lageeinschätzung gegenüber der Herbstumfrage 2024 unverändert im negativen Bereich.
Bei den Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate erwarten 52 Prozent der Unternehmen keine Veränderung. Während 11 Prozent der heimischen Betriebe künftig mit einer Belebung der Geschäftstätigkeit rechnen, stellen sich 37 Prozent auf eine schwächere Entwicklung ein. Der Saldo aus positiven und negativen Antworten fällt damit von -19 Prozentpunkten im Herbst 2024 auf -26 Prozentpunkte.
„Die Wirtschaft befindet sich in einer zunehmenden Rezession. Die negativen Investitions- und Beschäftigungsplanungen halten an. Das Vertrauen fehlt. Diese Entwicklung ist beunruhigend und ein Appell für dringend nötige Strukturreformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“, macht Rössel deutlich.
Konjunkturgrafik

Wirtschaftspolitik bleibt größte Herausforderung

Die Gründe, warum viele Betriebe mit Sorge in die Zukunft blicken, sind vielfältig. Insgesamt wurden 5 der 10 abgefragten Risiken von mehr als der Hälfte der Befragten als bedeutend eingestuft. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bleiben mit 68 Prozent der Nennungen das dominierende Geschäftsrisiko und erreichen damit in der rheinland-pfälzischen Wirtschaft ein Allzeithoch. Das sind 9 Prozentpunkte mehr als noch zum Jahresbeginn 2024. Weitere erhebliche Risiken sehen die Unternehmen im Inlandsabsatz (plus 3 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr), bei den Arbeitskosten (plus 4 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr), den Energiepreisen (minus 2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr) sowie beim Fachkräftemangel (minus 7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr).
„Anstatt dass sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen verbessern und den Betrieben dabei helfen, die Krise zu überwinden, werden sie als größtes Geschäftsrisiko bewertet. Hier zeigt sich, wie unzufrieden derzeit die Unternehmen insgesamt mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland sind“, stellt Arne Rössel fest.
Konjunkturgrafik
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Wachstumsindikatoren

Sinnbildlich für die statische Lage: Die Unternehmen zeigen auch bei den Investitions- und Beschäftigungsabsichten Zurückhaltung. Die Saldenwerte aus positiven und negativen Antworten bleiben auf dem Niveau der Herbstumfrage 2024. Aber immerhin: 75 Prozent der Betriebe rechnen in den nächsten 12 Monaten mit einer gleichbleibenden oder höheren Beschäftigtenzahl.
Ein kleiner Lichtblick: Die Exporterwartungen der Industriebetriebe zeigen zum Jahreswechsel eine leichte Verbesserung. Dennoch bleiben sie mit einem Saldo von -17 Prozentpunkten weiterhin im negativen Bereich (Herbst 2024: Saldo -22 Prozentpunkte). Während 66 Prozent der Industrieunternehmen in den kommenden 12 Monaten von stabilen oder steigenden Ausfuhren ausgehen, erwarten 34 Prozent eine Abnahme ihrer Exporte.
„Für eine Konjunkturbelebung wäre es wichtig, die Investitionsabsichten der Unternehmen zu stimulieren. Wenn 37 Prozent der Unternehmen weniger investieren möchten, ist das ist das ein fortgesetztes Alarmsignal, gibt aber auch einen Hinweis auf große, schlummernde Potenziale. Um diese zu wecken braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, etwa bei den Energiepreisen oder den Arbeitskosten. Dies verspricht mehr Wirkung als die Subvention einzelner Branchen, Produkte oder Technologien“, sagt Rössel.
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Blick in die Branchen

Der Handel erreicht mit einem Klimaindex von 73 Punkten den niedrigsten Wert im Branchenvergleich. Bei den Industriebetrieben, die eigentlich die Konjunkturlokomotive darstellen sollten, hat sich das Geschäftsklima am stärksten verschlechtert. Der Konjunkturklimaindex sinkt in dieser Branche drastisch auf aktuell 78 Punkte (Herbst 2024: 86 Punkte). Innerhalb der Industrie liegen die Teilbranchen Vorleistungsgüterindustrie (66 Punkte) und Investitionsgüterindustrie (71 Punkte) nochmal deutlich darunter. Die Teilbranche Bauwirtschaft verzeichnet einen regelrechten Absturz auf 72 Punkte
(-19 Indexpunkte gegenüber Herbst 2024). Der Dienstleistungssektor zeigt sich hingegen stabiler und erreicht mit 93 Punkten denselben Wert wie zuvor im Herbst 2024.
Konjunkturgrafik

Die Konjunkturumfrage der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz lief von 16. Dezember 2024 bis 17. Januar 2025. Teilgenommen haben 1.057 Unternehmen aller Größen und Branchen mit insgesamt rund 158.000 Beschäftigten.

Wirtschaftskrise überwinden:
IHK-Positionspapier zur Bundestagswahl
„Wirtschaft. Zukunft. Jetzt.“: Unter diesem Titel stellt die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz zwölf Forderungen zur Bundestagswahl 2025 vor. Schließlich werden auch entscheidende Weichen für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz gestellt, wenn am 23. Februar der Deutsche Bundestag gewählt wird. Das Positionspapier zielt darauf, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Wirtschaftskrise zu überwinden. Dazu zählen das Beschleunigen von Planungs- und Genehmigungsverfahren und das Senken von Energiekosten ebenso wie die Forderung, Klimaschutzmaßnahmen wirtschaftlich und ökologisch effizient umzusetzen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen zu gefährden.
Das komplette Positionspapier findet sich unter www.ihk-rlp.de/bundestagswahl