Pressemitteilung vom 30. April 2025
Nachfolger gesucht: Zwei Drittel der Unternehmen noch ohne konkrete Übergabepläne
In Rheinland-Pfalz stehen in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich rund 9.000 Unternehmen zur Übergabe an. Die Studie zur Unternehmensnachfolge 2025 der Hochschule Mainz in Kooperation mit den rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern sowie dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, kommt zu folgendem Ergebnis: Zwei Drittel der befragten Unternehmen haben noch keine konkreten Pläne entwickelt, ihren Betrieb in neue Hände zu geben.
„Diese Zahlen sind alarmierend“, warnt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. „Ein fehlender Nachfolgeplan gefährdet den Fortbestand des Unternehmens, aber auch Arbeitsplätze und über Jahrzehnte gewachsene Kundenbeziehungen und Know-how gehen so verloren.“
Beratung ist Schlüssel zum Erfolg
Die Studie verdeutlicht besonders die Bedeutung frühzeitiger Beratung: Rund 60 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer aus Rheinland-Pfalz, die bereits Beratung in Anspruch genommen haben, verfügen über konkrete Nachfolgepläne. Ohne Beratung liegt dieser Anteil hingegen bei deutlich unter 20 Prozent.
„Eine qualifizierte Beratung erleichtert den Nachfolgeprozess erheblich, klärt offene Fragen und gibt den Beteiligten Sicherheit“, erläutert Prof. Dr. Anna Rosinus von der Hochschule Mainz.
Neben den Steuerberatungen nannte ein Großteil der Befragten die Industrie- und Handelskammern (IHK) oder die Handwerkskammern (HWK) als bevorzugte Beratungsstelle, was die zentrale Rolle dieser Institutionen bei der Unterstützung von Unternehmensnachfolgen verdeutlicht.
„Unternehmensnachfolge ist ein zentraler Baustein für die wirtschaftliche Stabilität und Innovationskraft unseres Landes. Die Studie zeigt, wie wichtig Beratung und eine gute Strategie bei der Unternehmensnachfolge sind. Jeder Betrieb, der erfolgreich fortbestehen kann, trägt maßgeblich zur Sicherung des regionalen Wirtschaftsstandorts bei und erhält Arbeitsplätze in der Region. Wir unterstützen insbesondere durch die landesweiten Beratungsangebote, aber auch durch gezielte Informationen und Vernetzen mit geeigneten Ansprechpartnern“, sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt. „Gleichzeitig gilt für mich wie bei vielen Wirtschafts-, Planungs- und Genehmigungsfragen, dass auch bei der Unternehmensübergabe bürokratische Hürden abgebaut werden müssen. Wir wollen Interessierten die Übernahme erleichtern, sie motivieren und ihnen Lust auf Unternehmertum machen. Das geht nur mit praxisnahen Regelungen.“
Zu wenig Interessierte an Unternehmensübernahmen
Die Studie zeichnet zudem ein starkes Missverhältnis zwischen der Zahl der zur Übergabe anstehenden Unternehmen und potenziellen Übernehmerinnen und Übernehmern: Fast zwei Drittel der Befragten bewerten die Suche nach geeigneten Interessenten als schwierig. Gründe dafür sind häufig mangelnde Informationen über die Chancen einer Betriebsübernahme, vor allem im Vergleich zu einer Neugründung, sowie Unsicherheiten bezüglich der Finanzierung.
Um diesem Mangel aktiv entgegenzuwirken, setzen die Starterzentren Rheinland-Pfalz in diesem Jahr einen verstärkten Fokus auf das Thema Betriebsübernahme. Auftakt bildet das kostenfreie Webinar „Ready to lead? Einsteigen statt Neustarten“ am 15. Mai 2025, das über die Möglichkeiten und Vorteile einer Unternehmensnachfolge informiert. Eine Anmeldung ist unter www.ihk-rlp.de/veranstaltungen möglich. Ergänzt wird das Angebot im Laufe des Jahres durch regionale Veranstaltungen in ganz Rheinland-Pfalz, mit dem Ziel, potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger mit Verantwortlichen aus passenden Unternehmen in Kontakt bringen. Zudem findet am 12. Juni 2025 erneut der SUCCESSor Nachfolge-Beach am „Statt-Strand“ in Koblenz statt, eine Netzwerk- und Informationsveranstaltung in lockerer Atmosphäre für alle an der Übernahme eines Betriebes Interessierten.
Axel Bettendorf, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, ergänzt: „Gerade im Handwerk hängt eine erfolgreiche Übergabe stark von einer frühzeitigen und kompetenten Beratung ab. Unsere Beratungsstellen bieten hierzu umfassende und individuell zugeschnittene Unterstützungsangebote an. Wer sich frühzeitig beraten lässt, sichert seinem Betrieb und seinen Beschäftigten langfristig eine Zukunft.“
An der Nachfolgestudie haben sich mehr als 500 Unternehmerinnen und Unternehmer aus Rheinland-Pfalz mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren beteiligt. Die vollständige Studie findet sich unter: www.starterzentrum-rlp.de
Zentrale Ergebnisse der Studie im Überblick
- Bürokratieabbau gefordert: Aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer gibt es dringenden Handlungsbedarf seitens der Politik: Jeweils über 60 Prozent der Befragten sehen eine Reduzierung bürokratischer Hürden und eine steuerliche Entlastung als besonders wichtige Maßnahmen zur Förderung der Unternehmensnachfolge
- Ältere Unternehmerinnen und Unternehmer sind besser vorbereitet: Über 40 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer über 65 haben konkrete Nachfolgepläne. Doch auch hier hat ein Fünftel bislang noch überhaupt keine Planung vorgenommen.
- Unternehmensgröße ist entscheidend: Größere Unternehmen (ab fünf Mitarbeitenden) sind mit 38 Prozent deutlich besser vorbereitet als Kleinstbetriebe (unter fünf Mitarbeitenden) mit lediglich 19 Prozent konkreter Nachfolgeplanung.
- Operative Einbindung erschwert Planung: Unternehmerinnen und Unternehmer, die stark operativ eingebunden sind, kümmern sich deutlich seltener um die Nachfolgeplanung (27 Prozent mit konkreten Plänen) als strategisch agierende Führungskräfte (61 Prozent mit konkreten Plänen).
- Familiennachfolge beliebt: Mehr als die Hälfte der Befragten mit konkreten Nachfolgeplänen planen eine Nachfolge innerhalb der Familie, gefolgt von Übergaben an Mitarbeitende (Management Buy-Out).
- Emotionale Faktoren prägend: Neben finanziellen und rechtlichen Fragen sind emotionale Aspekte wie die Sicherung des Lebenswerks oder der Erhalt der Arbeitsplätze für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ausschlaggebend für die Übergabe.
Starterzentren Rheinland-Pfalz
Acht rheinland-pfälzische Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern haben im Jahr 2002 auf einen Schlag 26 einheitliche Anlaufstellen für Existenzgründerinnen und -gründer aus der Taufe gehoben: Unter der Dachmarke „Starterzentrum“ werden seither die kostenfreien Beratungsangebote der IHKs und HWKs gebündelt, einem Qualitätsstandard unterworfen und flächendeckend in Rheinland-Pfalz angeboten. Die Starterzentren können von Beginn an auf ein landesweites Netzwerk an Kooperationspartnern zurückgreifen, das Gründerinnen und Gründern den Start in die unternehmerische Selbständigkeit erleichtert – auch durch die Übernahme eines bestehenden Unternehmens: www.starterzentren-rlp.de