Fachkräftesicherung

Duale Aus- und Weiterbildung stärken, Fachkräfte sichern

Der Fachkräftemangel stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Sinkende Geburtenjahrgänge treffen auf starke Verrentungswellen und reißen in den Betrieben merkliche Lücken. Für viele Unternehmen ist die duale Ausbildung daher weiterhin ein wichtiges Instrument, um die Fachkräfte von morgen im eigenen Betrieb auszubilden. Bei der Erarbeitung und Umsetzung der im Juli 2022 unterzeichneten dritten Fachkräftestrategie des Landes Rheinland-Pfalz sind die IHKs in Rheinland-Pfalz zentraler Partner und setzen federführend fünf Vorhaben der Strategie in die Praxis um. Mit dem Aktionsplan Fachkräfte bieten die IHKs zudem ein Angebots- und Maßnahmenpaket, das direkt auf die verschiedenen Zielgruppen zugeschnitten ist.

Ausbildungsbetriebe haben verstärkt Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen

Für viele Ausbildungsbetriebe ist es heute immer schwieriger, Auszubildende zu gewinnen. Zum einen schließen derzeit geburtenschwächere Jahrgänge die Schule ab. Zum anderen entscheiden sich viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger eher für ein Studium als für eine Ausbildung. Andere Schülerinnen und Schüler durchlaufen das Schulsystem bis zum achtzehnten Lebensjahr, obwohl sie schon eher eine Ausbildung beginnen könnten oder erfüllen nicht das von den Unternehmen gefragte Anforderungsniveau. Um die Attraktivität der dualen Ausbildung als Karriereweg zu vermitteln und langfristig Fachkräfte zu sichern, bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung von Politik, Wirtschaft und Schulen. Denn im Zeitraum von 2020 bis 2030 wird in Rheinland-Pfalz eine Lücke von rund 400.000 fehlenden Fachkräften entstehen. Es ist daher unerlässlich, alle Fachkräftepotenziale zu aktivieren.

Was die IHKs tun

Die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz steht sowohl in engem Austausch mit der Landespolitik als auch mit Berufsschulen und weiteren zentralen Akteuren der Bildungspolitik. Die IHKs weisen die Politik seit vielen Jahren auf die Wichtigkeit der Stärkung der Aus- und Weiterbildung hin und haben hierfür bereits eigene Instrumente wie das Bildungsprojekt Startup@school etabliert. Im Rahmen des Ovalen Tisches der Ministerpräsidentin erarbeiteten die IHKs zusammen mit den anderen Partnern die dritte Fachkräftestrategie für Rheinland-Pfalz und setzen federführend folgende fünf Vorhaben um: 
  1. Die Intensivierung der Berufsorientierungsangebote für Frauen und Mädchen insbesondere im MINT-Bereich,
  2. die Ausrichtung regionaler Austauschformate zwischen Bildungsakteuren, um frühzeitige Ausbildungsvertragslösungen zu verhindern,
  3. die Stärkung regionaler Wirtschaftsnetzwerke von und für Frauen,
  4. die Herstellung von Handlungsempfehlungen für eine gleichberechtige Förderung der Geschlechter in unternehmerischen Karrieren und
  5. die Sensibilisierung für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Pflege.
Fachkräftesicherung verlangt einen ganzheitlichen Ansatz. Um Unternehmen, potenzielle Fachkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern und Schulen entsprechend mit gebündeltem Wissen und gezielten Angeboten zu unterstützen, bringen die IHKs in Rheinland-Pfalz 2023 den Aktionsplan Fachkräfte an den Start. Dabei geht es um konkrete Beratung, Vernetzung, Projekte für Schule und Wirtschaft und ebenso um Forderungen an die Politik, um deren Fokus auf das Thema Fachkräfte zu flankieren und zu verstärken. Die duale Ausbildung sowie die Gewinnung ausländischer Fachkräfte, die ökonomische Bildung und die Entlastung von Betrieben sind dabei die zentralen Handlungsfelder. Der Aktionsplan sowie die Angebote der IHKs finden sich unter: www.ihk-rlp.de/fachkraefte.
Überdies sind die rheinland-pfälzischen IHKs die zentrale Stelle für die Organisation und Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen der rund 150 IHK-Berufe. Sie prüfen die Qualität der Ausbildung und begleiten sowohl Ausbildungsbetriebe als auch Auszubildende. Um ihre Mitgliedsunternehmen bei der Gewinnung von Auszubildenden und der Fachkräftesicherung zu unterstützen, bieten die rheinland-pfälzischen IHKs ein breites Portfolio an Instrumenten. Hierzu gehören die landesweiten Kampagnen für die berufliche Bildung – Durchstarter und Aufsteiger – und zahlreiche Aktivitäten des Ausbildungsmarketings in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie auf regionalen und überregionalen Ausbildungsmessen.

Was die Politik tun kann

  1. Die Stärkung der Rahmenbedingungen und der Attraktivität der Dualen Ausbildung ist zentrales Element eines zukunftsstarken Bildungssystems in Rheinland-Pfalz und eines starken wirtschaftlichen Standortes. Eine offene Einstellung zum Unternehmertum muss bei jungen Menschen schon durch ökonomische Bildung in Schule und Hochschule sowie in der beruflichen Bildung gefördert werden. Um Entrepreneurship und auch Intrapreneurship nachhaltig im Unterricht zu verankern, müssen Bildungsprojekte, fachbereichsübergreifende Lehrinhalte zur ökonomischen Bildung sowie die Möglichkeit zur Gründung von Schülerfirmen auch durch bildungspolitische Ansätze ermöglicht werden.
  2. Berufspraktika und andere praxisorientierte Angebote müssen gezielt als effektive Instrumente der Berufsorientierung beworben werden, sodass Schülerinnen und Schüler die Vorzüge der beruflichen Bildung in der Praxis erkennen. Berufsorientierungsangebote müssen zudem verstärkt die Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung aufzeigen.
  3. Sowohl Landesregierung als auch Opposition müssen die berufliche Bildung – also Ausbildung und Weiterbildung – aktiv in ihren Publikationen, ihrer Öffentlichkeitsarbeit und in ihrem Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern als attraktiven Karriereweg für junge Menschen fördern und bewerben.
  4. Auch gesteigerte Anstrengungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind dringend erforderlich. Der Ausbau und die Flexibilisierung des Betreuungsangebotes für Kinder und in der Tagespflege würden es vielen Teilzeitbeschäftigten ermöglichen, ihre Arbeitszeit auszuweiten. Betreuungsangebote spielen aber auch eine wichtige Rolle bei einer weiteren Stellschraube, der Standortattraktivität: Für die Anwerbung von Fachkräften finden es die Betriebe zudem wichtig, dass ihre Region unter anderem ein gutes und bezahlbares Wohnumfeld, einen ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr und weitere kommunale Angebote aufweist. Und nicht zuletzt ist es für die Wirtschaft wichtig, die Möglichkeiten der flexiblen Übergänge in die Rente und die Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen bei vorzeitigem Rentenbezug bekannter zu machen.