Volldigitales Ursprungszeugnis für den Außenhandel
Die Digitalisierung hat einen weiteren zentralen Geschäftsprozess im Außenhandel erreicht: Mit dem volldigitalen Ursprungszeugnis (dUZ) steht deutschen Unternehmen erstmals eine vollständig digitale öffentliche Urkunde, das Ursprungszeugnis, zur Verfügung.
Entwickelt wurde das dUZ von der IHK Gesellschaft für Informationsverarbeitung mbH zusammen mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) Koblenz und München in enger Absprache mit Pilotunternehmen aus der Wirtschaft. Nach erfolgreicher Testphase ging das System am 15. September 2025 bundesweit in den Realbetrieb – ein bedeutender Fortschritt für die Effizienz und Modernisierung des internationalen Warenverkehrs.
Von der Idee zur Infrastruktur
Was mit Pilotprojekten begann, hat sich nun zu einer flächendeckenden Lösung entwickelt. Über das zentrale Portal eUZweb können Unternehmen Ursprungszeugnisse digital beantragen, genehmigen lassen und herunterladen – komplett ohne physische Dokumente. Der bisher noch notwendige Medienbruch, die Urkunde nach der digitalen Bearbeitung durch die IHK auf vorgeschriebenen Formularen auszudrucken entfällt.
Ursprungszeugnisse – klein, aber entscheidend
Ursprungszeugnisse bescheinigen den handelspolitischen Ursprung einer Ware. In vielen Ländern sind sie eine zollrechtliche Voraussetzung für die Einfuhr oder den Erhalt von Handelsvorteilen. Auch Banken verlangen sie bei Akkreditiven oder Finanzierungsverfahren. Jährlich werden in Deutschland rund eine Million dieser Urkunden ausgestellt.
Ursprungszeugnisse bescheinigen den handelspolitischen Ursprung einer Ware. In vielen Ländern sind sie eine zollrechtliche Voraussetzung für die Einfuhr oder den Erhalt von Handelsvorteilen. Auch Banken verlangen sie bei Akkreditiven oder Finanzierungsverfahren. Jährlich werden in Deutschland rund eine Million dieser Urkunden ausgestellt.
Rechtssicher und international anschlussfähig
Besonders bemerkenswert: In Deutschland gelten Ursprungszeugnisse als öffentliche Urkunden. Ihre Digitalisierung unterlag daher strengen rechtlichen Anforderungen. Mit dem dUZ wird nun erstmals eine solche Urkunde vollständig digital ausgestellt – rechtsverbindlich und international verifizierbar.Jedes digitale Ursprungszeugnis ist mit einer eindeutigen Seriennummer und einem Verifizierungscode ausgestattet. Behörden, Banken oder Handelspartner im In- und Ausland können die Echtheit online überprüfen. Zudem erfüllt das Format die Vorgaben der überarbeiteten Kyoto-Konvention der Weltzollorganisation (WCO), einem globalen Standard für Zollverfahren und Handelsdokumente.
Fazit: Große Wirkung bei kleinem Dokument
Was zunächst nach einer technischen Umstellung klingt, ist in der Praxis ein echter Innovationssprung. Die Geschichte des Ursprungszeugnisses – von der Papierform mit Stempel hin zur digitalen Signatur – zeigt eindrucksvoll, wie selbst kleine, aber zentrale Dokumente zur Effizienzsteigerung und Modernisierung des internationalen Handels beitragen können.
„Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist das dUZ damit nicht nur ein weiteres digitales Angebot – sondern ein echter Meilenstein. Für uns ist es der logische nächste Schritt in einer immer mehr digitalisierten und globalisierten Welt“, so Andrea Wedig, Sprecherin der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz International.
Die rechtliche Dimension des dUZ - Drei Fragen an den Juristen Dr. David Saive, LL.M.
Dr. David Saive, LL.M. ist Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Tug & Tow® | Legal in Hamburg. Er berät Internationale Organisationen, Staaten und Unternehmen bei der Digitalisierung des Außenhandels. Paperless Trade ist sein Beratungsschwerpunkt.
1. Welche gesetzlichen Grundlagen ermöglichen die Digitalisierung von Ursprungszeugnissen in Deutschland?
Antwort: Das Ursprungszeugnis gilt in Deutschland als öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 der Zivilprozessordnung (ZPO). Öffentliche Urkunden können gem. § 371a Abs. 3 ZPO auch in elektronischer Form ausgestellt werden. Beide Vorschriften gelten auch für das Verwaltungsrecht und sind damit auch auf Ursprungszeugnisse anwendbar. Die Vorschriften werden flankiert durch die speziellen Regelungen für elektronische Verwaltungsakte in § 3a Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).
2. Wie wird die Gleichwertigkeit zwischen digitalen und papierbasierten Ursprungszeugnissen rechtlich sichergestellt?
Antwort: Alle o.g. Vorschriften setzen voraus, dass das elektronische Ursprungszeugnis mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen werden. Durch die qeS wird der gesamte Inhalt des Ursprungszeugnisses kryptografisch verschlüsselt und fest mit dem Inhaber der qeS versehen.
3. Wie wird mit der internationalen Anerkennung digitaler Ursprungszeugnisse umgegangen? Gibt es bereits bilaterale Abkommen oder Rückmeldungen aus dem Ausland?
Antwort: Die internationale Gemeinschaft wartet schon lange auf volldigitale Ursprungszeugnisse aus Deutschland. Insbesondere der Bankensektor hat schon lange vorgesorgt und die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche zum Akkreditivgeschäft (UCP 600) und für Inkassi (URC 522) sind schon vor einigen Jahren um Zusatzvereinbarungen ergänzt worden, die den Einsatz elektronischer Dokumente ermöglichen. Mit der Volldigitalisierung des Ursprungszeugnisses haben die Kammern einen großen Schritt in Richtung Paperless Trade gemacht!
Die technische Dimension - Drei Fragen an Sebastian Esland, IHK Gesellschaft für Informationsverarbeitung mbH, Product Owner Außenwirtschaft
1. Was waren die zentralen technischen Herausforderungen bei der Entwicklung der Anwendung?
Antwort: Wir mussten den gesamten Signaturprozess der UZ-Anträge umstellen, der bisher Verwendung in den Kammern fand. Für den Sachbearbeiter sollte sich aber nichts ändern, der Übergang zum volldigitalen Ursprungszeugnis sollte nicht wahrnehmbar sein. Dafür musste der gesamte Prozess neu gedacht werden. Von der Verschlüsselung der übertragenen Daten, an welcher Stelle im Prozess signiert wird, wie das PDF aufgebaut wird und viele weitere Punkte. Des Weiteren standen wir vor einer großen Herausforderung, dass der alte wie auch neue Signaturprozess während der Pilotphase funktioniert, ohne dass das eine, das andere negativ beeinflusst.
2. Wie wurde die Sicherheit bei der Datenübertragung und Archivierung gewährleistet?
Antwort: Im dUZ wird die Kommunikation zwischen Browser und Server durch moderne Sicherheitsstandards geschützt. Damit wird sichergestellt, dass Daten vertraulich übertragen und Manipulationen zuverlässig verhindert werden. Es kommen ausschließlich aktuelle, von allen gängigen Browsern unterstützte Verfahren zum Einsatz – veraltete und unsichere Technologien werden grundsätzlich nicht verwendet. Um die Authentizität der Ursprungszeugnisse sicherzustellen, werden diese während der Bewilligung mit der Signaturkarte des zuständigen IHK-Sachbearbeiters digital signiert. Etwaige nachträgliche Änderungen am PDF lassen sich dadurch eindeutig erkennen: Wird ein manipuliertes Dokument geöffnet, zeigt der Acrobat Reader eine entsprechende Warnung an, dass es nicht mehr dem bewilligten Original entspricht. Anhand einer sich auf dem dUZ befindlichen Verifikationsnummer ist über eine gesonderte Website jederzeit eine Überprüfung auf Echtheit möglich.
3. Welche Rückmeldungen aus der Pilotphase waren besonders hilfreich für die Weiterentwicklung?
Antwort: Zunächst einmal war jede Rückmeldung hilfreich. Denn man kann nur ein erfolgreiches Produkt entwickeln, wenn man die Anwender schon recht früh mit in den Entwicklungsprozess einbezieht. Denn so bekommen schlussendlich alle Kammern eine ausgereifte Anwendung. Hervorzuheben wäre an dieser Stelle der Hinweis der pilotierenden Anwender gewesen, dass man das UZ und die Anhänge von den Bescheinigungen trennen sollte und zwei separate PDFs downloaden kann. Dadurch haben wir auch immer wieder unsere Prozesse zur Bereitstellung der Dokumente anpassen können und haben nun ein technisch sauberes Produkt.